Warum wir am Europagymnasium auf freie opensource Software setzen
TLDR: Im Europagymnasium kommt es verstärkt zum Einsatz von plattformübergreifender “Freier Open Source Software” in den Klassen und Computerräumen. Nextcloud, OnlyOffice, Blender, LibreOffice, Vlc, Firefox, Cura, Synfig, GIMP, Kdenlive uvm. ersetzen schrittweise proprietäre Software und sichern längerfristig Nachhaltigkeit und einen geregelten Workflow in der Schule.
Gründe dafür sind:
- wir blicken nach Vorne und gehen mit dem Trend
- kein Vendor Lock-In – freie Wahl der Soft- und Hardware
Das Microsoft Dilemma (ARD-Reportage, 19.02.2018) - keine Viren / Trojaner
- keine Malware
- minimaler Wartungsaufwand
- echte offene Standards und Interoperabilität
- keine Lizenzkosten für Lehrer, Schüler und Eltern
- höhere Stabilität und geringere Hardwareanforderungen
- gleiche Software für Microsoft Windows, Linux oder Apple OSX
- Nachhaltigkeit
- Datenschutz
- keine Sammlung und Analyse persönlicher Daten
- keine Sammlung von Telemetrie Daten
- keine Weitergabe von persönlichen Daten an Dritte
- kein unerwünschter Datentransfer in die USA (DSGVO)
Untersuchung zum Datenschutz bei Windows 10 (Bavarian Data Protection Report 2017)
Die top 500 der leistungsstärksten Computer der Welt werden von einem freien Betriebssystem betrieben, der Marktanteil dieses Systems bei Smartphones liegt bei ca. 82%, im weltweiten Netz laufen 2019 lediglich 4.08% aller aktiven Webseiten mit IIS und damit auf Basis von Microsoft Windows. Der Marktanteil des Microsoft Betriebssystems ist an amerikanischen Schulen bereits auf 22% gefallen. Das Linux basierte und Cloud orientierte „ChromiumOS“ hatte schon 2017 fast 60%.
Im österreichischen Bildungswesen sieht die Lage vollkommen anders aus.
Hier hat Software der US-Amerikanischen Firma Microsoft in allen Belangen Vorrang. Am Server als Domaincontroller, Webserver, Fileserver, am Desktop als Betriebssytem, Textverarbeitungsprogramm, Präsentationsprogramm u.v.m. und sogar in der Cloud bedienen wir uns an Technologien aus dem Hause Microsoft und richten allen Schülern neben Office365 OneDrive und Live Email-Accounts ein. Trotz hervorragender Alternativen wie „eduvidual“ wird MS Teams, ein Kommunikationswerkzeug für Firmen, als Lernplattform eingesetzt.
Der Unterricht wird zurechtgetrimmt auf die Schulung von Software und Schülerbefragungen in Österreich ergeben, dass Schüler und Schülerinnen beim Thema Informatikunterricht in erster Linie an “Word” und “Excel” denken.
Was wir damit anrichten ist oft nicht auf ersten Blick ersichtlich.
Warum unsere Schulen NICHT auf Microsoft (oder Apple) setzen sollten (watson.ch 08.04.17)
Neben kritischen, den Datenschutz betreffenden Fragen, die sich aufdrängen, halten wir auch mit der Schulung von Microsoft Office und Windows die SchülerInnen direkt dazu an, sich zu Hause die gleiche Software zu kaufen und erweitern den Vendor Lock-In*, in dem sich die Schule bereits befindet, direkt auf unsere Schüler und Schülerinnen.
* In economics, vendor lock-in, also known as proprietary lock-in or customer lock-in, makes a customer dependent on a vendor for products and services, unable to use another vendor without substantial switching costs.
Die Situation gestaltet sich jedoch wesentlich diffiziler und reicht über den Informatikunterricht hinaus in jedes Klassenzimmer, in jedes Unterrichtsfach. Referate müssen der Schulsoftware entsprechend erstellt werden und ein Abweichen auf freie Office-Alternativen, wie es sie heute in großer Anzahl gibt, ist schlichtweg keine Option. Absichtlich herbeigeführte Inkompatibilitäten durch lizensierte Standardschriftarten, halbgare Umsetzung von offenen Standards und der Einsatz von geschlossenen Formaten wie “ooxml Transitional“ führen zu ungewünschten Veränderungen am Layout und verärgern zu Recht Lehrer und Schüler. Diese sich ständig ändernden Dokumenten“standards“ generieren auch inkompatibilitäten zwischen verschieden Microsoft Office Versionen und zwingen die Schulen und alle Beteiligten stets die neueste Version zu betreiben.
Durch die Wahl der Software(-lizenz) wird auf alle Beteiligten einer Schule Einfluss genommen. Da die Verwendung identer Softwareprodukte sowohl innerhalb als auch außerhalb der Schulen sinnvoll erscheint, wird man indirekt dazu veranlasst, sich die in der Schule eingesetzte Software auch für den Heimcomputer anzuschaffen, was im Falle proprietärer Software einen vermeidbaren finanziellen Mehraufwand für Eltern bedeutet.
ALTERNATIVEN
Für allgemeinbildende höhere Schulen, die in der Regel nur wenig Spezialsoftware einsetzen, die durch das Angebot freier Software nicht gedeckt werden könnte, gilt nach Ansicht diverser Studien (z.B. „Studie OSS“ MA14 Wien, „OSS in Schools“ BECTA), dass ein gut geführter Umstieg auf ein freies System eine finanzielle Besserstellung bedeuten würde. Der Wartungsaufwand kann langfristig reduziert und der Sicherheitsstandard erhöht werden. Durch den Einsatz von freier Software besteht für die Schulen erstmals die Möglichkeit, sich zumindest teilweise aus der strengen Abhängigkeit einzelner Softwareanbieter zu lösen.
Das Ressourcen schonende Design von GNU/Linux ermöglicht, auch ältere Hardware sinnvoll einzusetzen und auf diese Weise die Anzahl der nutzbaren Personal Computer zu erhöhen. Zudem entfallen für Schulen, SchülerInnen und LehrerInnen die Lizenzkosten, was sich positiv auf die Kosten der IT auswirkt. Die durch den Einsatz freier Software verringerten Kosten für schulinterne IT könnten durch Rückführung der finanziellen Mittel in den Unterricht respektive in Unterrichtsmaterialien infolgedessen zu einer Steigerung der Qualität der Lehrmittel führen.
Die Unterstützung offener Formate stellt sicher, dass die Daten auf lange Sicht hin lesbar, austauschbar und weiter verarbeitbar bleiben. Die SchülerInnen und Lehrpersonen können die in der Schule zum Einsatz kommende Software auch zu Hause kostenfrei und legal installieren und benützen.
Open Document Format
Das offene Dokumentenformat oder ODF ist seit 2005 internationaler ISO Standard und verfolgt den Zweck die inhomogene Landschaft der Dokumentenformate und auch unfruchtbare Entwicklungen durch Quasi-Monopole zu beseitigen.
Durch eine Vereinheitlichung und vollständige Offenlegung der inneren Strukturen von ODF ist es somit jedem Hersteller von Office-Software möglich sein Produkt interoperabel und kompatibel zu anderen zu gestalten, sehr zum Vorteil der Benutzer, welchen dadurch eine freie Wahl der Office Suite überhaupt erst ermöglicht wird.
Weiterführende Informationen: http://opendocumentformat.org/
Das von Microsoft etablierte Konkurrenzformat “ooxml transitional” (nicht zu verwechseln mit “ooxml strict”) ist kein ISO Standard.
Aus diesem Grund und weiterführenden Überlegungen gibt es eine Empfehlung der EU-Kommission (2013), das freie Dokumentenformat zu nutzen. Länder wie die Niederlande, Frankreich, Island oder England haben diese Empfehlung bereits umgesetzt. Einzelne Institutionen und auch Städte wie z.B. die französische Polizei, das dänische Gesundheitssytem, München und viele mehr, haben durch interne Regelungen ODF zur 1. Wahl gemacht. Selbst Google ist im Dezember 2014 auf den Zug aufgesprungen und unterstützt nun das freie Format vollständig in seinem Online-Office „Drive“.
Alternative Office–Programmsammlungen, die das freie ODF (Open Document Format) unterstützen :
Libre Office, IBM Lotus Symphony, Softmaker Freeoffice, Oracle OpenOffice, WPS Office, Kingsoft Office, Neo Office, Zoho Docs, Google Docs (Drive), KDE Calligra Suite … and several more
Im Informatiksaal des Europagymnasiums kommt seit 10 Schuljahren verstärkt freie Software zum Einsatz. Die SchülerInnen starten die PCs von ihren eigenen USB Sticks und finden sogleich ein offenes, sicheres und konfigurierbares System mit einer Vielzahl an verschiedensten professionellen Arbeitsprogrammen vor. Tiefergehendes Unterrichten von angewandter Informatik, Netzwerkkonfiguration, Routing, Systemkonfiguration, Programmierung und vielem mehr ist dadurch gewährleistet und die SchülerInnen lernen und arbeiten auf Software, die sie kostenfrei auch zu Hause nutzen können. Zusätzlich wird beim Einsatz von FOSS auf offene, internationale Standards gesetzt und somit die Interoperabilität auf lange Sicht gewährleistet.
Das Projekt hat gezeigt, dass die SchülerInnen nicht nur mit der Software problemlos zurechtkommen, sondern auch Spaß daran finden, ihre Systeme nach Belieben anzupassen und ganz nebenbei mehr über das System lernen. Nachdem die SchülerInnen ihre USB Sticks in der Regel mit ihren Schreibwerkzeugen oder am Schlüsselbund aufbewahren, haben sie ihre Daten, sowie die gesamte Arbeitsumgebung immer bei sich. Zusätzlich wird auch die freie NextCloud Plattform im Unterricht für die Sicherung der Daten und die Distribution von Daten an die SchülerInnen stark genutzt, sowie mit dem Schuljahr 2020/21 flächendeckend die österreichische Lernplattform https://eduvidual.at AustauschschülerInnen und Europaklassen profitieren von dem Umstand, dass das System in über 25 Sprachen verfügbar ist und diese per Mausklick gewählt werden kann.
Die Lizenzkosten der gesamten Softwareausstattung: € 0,–
Mehr Informationen zum derzeit eingesetzten System: http://life-edu.eu/
Am Europagymnasium laufen neben ca. 75 portablen Schülerinstallationen derzeit 34 Computer in den Klassen und Fachsäälen, 4 Laptops im Lehrerarbeitszimmer und 2 Server permanent auf Basis des freien Betriebssytems “linux” und bieten neben einer umfangreichen Auswahl an Arbeits- und Lernprogrammen auch LibreOffice, OnlyOffice und Calligra als Alternativen zu „Microsoft Office“ und „Google Docs“ an. Darüber hinaus kommt die freie Prüfungsumgebung „LiFE-Exam“ in der Oberstufe zum Einsatz.
Das Europagymnasium ist somit in der Lage eine Vorreiterrolle in Kärnten zu übernehmen, eine interoperable, sichere, freie und europäische Lösung als Alternative aufzuzeigen, den Einsatz offener Standards und somit Nachhaltikkeit zu fördern und ganz nebenbei Kosten einzusparen.
Erfahrungen:
„Der Wartungsaufwand hat sich durch die Einführung von Linux in den Klassen von etwa 4-6 Support-Anfragen pro Woche auf 0 – 2 Anfragen pro Monat reduziert – dieser verbleibende Aufwand lässt sich zumeist auf unsachgemäße Hardwarehandhabung (zB. lockere Kabel) zurückführen.“ – Mag. Thomas Michael Weissel
„Mein Kollege Reini Fink und ich haben damals begonnen uns in Linux einzuarbeiten, nachdem wir mit dem Oracle Server und Windows NT ziemlich unzufrieden waren. Mit Linux verwendet das PORG Volders Opensource seit 1998!“ – Mag. Hermann Baar
https://www.porg-volders.at/schulinfos/opensource.html